Kommunale Verwaltung und Selbstverwaltung

Das Grundgesetz gibt vor, dass es in allen Ländern eine kommunale Selbstverwaltung geben muss. Demnach sollen möglichst viele Aufgaben von den Kommunen – den Gemeinden, Städten und Landkreisen – vor Ort erfüllt werden. Die Kommunen haben demzufolge eine große Bedeutung. 

Die Bundesrepublik Deutschland ist dezentral organisiert. Das bedeutet, dass neben der Bundesebene und der Länderebene auch die kommunale Ebene über eigene Zuständigkeiten, eigene Finanzen und einen dazugehörigen demokratischen Willensbildungsprozess verfügt. Dabei sind sie allerdings an Gesetze gebunden und unterliegen der Rechtsaufsicht des Landes.

Diese Seite gibt einen Überblick über die kommunale Verwaltung und kommunale Selbstverwaltung in Baden-Württemberg.

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Wie ist die Verwaltung in Baden-Württemberg aufgebaut?

Wie in anderen großen Flächenländern der Bundesrepublik Deutschland ist die Verwaltung in Baden-Württemberg dreistufig aufgebaut:

  1. Landesministerien: An der Spitzen stehen die Landesministerien – für das ganze Land zuständig, doch mit fachlich getrennten Zuständigkeiten und Kompetenzen.
  2. Regierungsbezirke: Darunter befinden sich als Mittelbehörden die vier Regierungsbezirke Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen, die nach dem Sitz des jeweiligen Regierungspräsidiums benannt sind. Diese Verwaltung unterhalb der Ebene der Ministerien ist nach räumlichen Zuständigkeiten gegliedert, damit die politischen Entscheidungen auch über ihre fachliche Begrenzung hinaus effektiv umgesetzt werden können.
  3. Kommunen: Die unterste Verwaltungsebene ist die kommunale Ebene. Dazu gehören die 35 Landkreise, 9 Stadtkreise und 1.101 Gemeinden in Baden-Württemberg.

Staatsrechtlich sind die Kommunen keine selbständige Ebene, sondern Teil des Länder. Das bedeutet: Das jeweilige Bundesland setzt die Rahmenbedingungen in Form der Gemeindeordnung fest. Außerdem übt das Land die Aufsicht über die Gemeinden aus. Juristisch sind die Kommunen Körperschaften des öffentlichen Rechts.

Eine weitere Ebene in Baden-Württemberg bilden die Regionalverbände. Diese zwölf Verbände sind zwischen Land und Kommunen für einzelne Aufgabenbereiche zuständig. Sie sind jedoch keine Verwaltungsebene, sondern eine reine Planungsebene. 

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Wie macht die kommunale Verwaltung?

Die kommunale Verwaltung umfasst die öffentliche Verwaltung der Gemeinden und Landkreise. Die Kommunalverwaltung bildet die unterste Ebene im Staatsaufbau in Deutschland. Zu dieser kommunalen Verwaltungsebene gehören in Baden-Württemberg die 35 Landkreise, die 9 Stadtkreise und die 1.101 Gemeinden.

Das Rathaus ist das Zentrum der Verwaltung und der Politik in der Gemeinde. Hier arbeitet die Gemeindeverwaltung, hier ist der Amtssitz der Bürgermeisterin bzw. des Bürgermeisters, hier können Einwohnerinnen und Einwohner ihre Angelegenheiten erledigen, also zum Beispiel sich wohnhaft melden, heiraten, einen Bauantrag stellen oder einen neuen Pass beantragen. In Städten spricht man von der Stadtverwaltung. Die Kreisverwaltung eines Landkreises wird als Landratsamt bezeichnet. 

Die Gemeindeverwaltung ist meistens in Ämter organisiert, die für unterschiedliche Bereiche zuständig sind. Geleitet wird die Gemeindeverwaltung von dem Gemeindeoberhaupt, das ist in der Regel die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister, in größeren Städten die Oberbürgermeisterin bzw. der Oberbürgermeister. Die Rahmenbedingungen und den Aufbau der Gemeindeverwaltung setzt das Land Baden-Württemberg in der Gemeindeordnung fest. 
 

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Was ist das Recht auf kommunale Selbstverwaltung?

Die Gemeinden haben in Baden-Württemberg eine große Bedeutung. Das Selbstverwaltungsrecht bedeutet vor allem, dass die Kommunen ihre Angelegenheiten selbst und in eigener Verantwortung regeln. Das Recht auf Selbstverwaltung ist in der baden-württembergischen Landesverfassung ausdrücklich festgehalten:

„(1) Das Land gewährleistet den Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie den Zweckverbänden das Recht der Selbstverwaltung. Sie verwalten ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze unter eigener Verantwortung. (...)

(2) Die Gemeinden sind in ihrem Gebiet die Träger der öffentlichen Aufgaben, soweit nicht bestimmte Aufgaben im öffentlichen Interesse durch Gesetz anderen Stellen übertragen sind. (...)“ 
(Artikel 71 der Landesverfassung)


Auch das Grundgesetz gibt vor, dass es in allen Ländern eine kommunale Selbstverwaltung geben muss, mit einem eigenen Gestaltungsspielraum:

„Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. (…) Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftsbezogene Steuerquelle.“ 
(„Institutionelle Garantie“. Art. 28,2 Grundgesetz)


Die sogenannte „institutionelle Garantie“ der Kommunen ist im Grundgesetz und der Landesverfassung verankert. Es gibt also eine Gewähr dafür, dass die „Einrichtung Gemeinde“ und alle sie prägenden Elemente in Baden-Württemberg und in Deutschland bestehen bleiben – das beschreibt der Begriff „institutionelle Garantie“. 
 

Was gehört zum Selbstverwaltungsrecht?

Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden umfasst:

  • Universalität: Allzuständigkeit für alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft
  • Autonomie, Satzungsgewalt: Die Befugnis, in den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft eigenes, objektives Recht zu setzen
  • Finanzhoheit: Die ausreichende Versorgung mit eigenen Finanzmitteln
  • Personalhoheit: Die Befugnis, in eigener Verantwortung Zahl und Rechtsverhältnis der Gemeindebediensteten zu bestimmen
  • Organisationshoheit: Die eigenverantwortliche Verwaltung aller gemeindlichen Aufgaben
  • Planungshoheit der Gemeinde
  • Verwaltung der Gemeinde unter Beteiligung einer gewählten Volksvertretung

 

Das Subsidiaritätsprinzip

Dem Universalitätsprinzip nach sind Gemeinden für alle Probleme und Aufgaben zuständig, die sich in ihrem Gebiet stellen. Diese Allzuständigkeit kann ihnen im Einzelfall nur auf dem Gesetzeswege entzogen werden, allerdings nur dann, wenn sie überfordert sind oder darüber hinausreichende Belange eine umfassendere Lösung wünschenswert oder gar erforderlich machen. So will es das Subsidiaritätsprinzip – nach dem die Aufgaben jeweils auf der untersten möglichen Ebene zu erledigen sind. Nur wenn die untere politische Ebene eine Aufgabe aus eigener Kraft nicht bewältigen kann, greift eine höhere staatliche Ebene ein und unterstützt. 

Hintergrund: Entstehung der kommunalen Selbstverwaltung

Die kommunale Selbstverwaltung in Deutschland reicht bis in die Zeit der Gemeindebildung im 13. Jahrhundert zurück. Vor allem im deutschen Südwesten hat diese Tradition  stets eine wichtige Rolle gespielt. Freilich bedeutet kommunale Selbstverwaltung nicht unbedingt schon demokratische Kommunalpolitik mit den gleichen Teilhaberechten aller Bürgerinnen und Bürger in der Gemeinde. Dies ist erst eine Errungenschaft der neueren Zeit.

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Welche Aufgaben hat die Gemeinde?

Neben Selbstverwaltungsaufgaben haben die Gemeinden auch nach Weisung des Staates Aufgaben zu erfüllen.

Die Aufgaben im Überblick

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Hintergrund: Geschichte der kommunalen Verwaltung

Gebiets- und Verwaltungsreform der 1970er-Jahre

Wie viele andere deutsche Flächenländer auch hat Baden-Württemberg in den Jahren 1968 bis 1975 eine tiefgreifende Gebiets- und Verwaltungsreform durchgeführt. Mit der Reform sollten leistungsfähigere Landkreise und Gemeinden geschaffen werden. Das Reformwerk wurde zu Zeiten der Großen Koalition unter dem Ministerpräsidenten Dr. Hans Filbinger (CDU) und Innenminister Walter Krause (SPD) begonnen.

  • Das erste Gesetz zur Verwaltungsreform (Kreisreformgesetz vom 26. Juli 1971) trat am 1. Januar 1973 in Kraft. Dabei wurden die bis dahin bestehenden 63 Landkreise zu 35 zusammengefasst. Die Zahl der neun Stadtkreise, in denen die Ebenen Gemeinde und Kreis zusammenfallen, blieb unverändert. Die vier Regierungsbezirke wurden nach ihrem jeweiligen Sitz benannt: Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen. An einigen Stellen wurde die Abgrenzung zwischen den Regierungsbezirken verändert und damit der alte Grenzverlauf zwischen Baden und Württemberg verwischt.
  • Das zweite Gesetz zur Verwaltungsreform (Regionalverbandsgesetz vom 26. Juli 1971) ersetzte die bisher 20 regionalen Planungsgemeinschaften durch 12 öffentlichrechtliche Planungsverbände.
  • Mit der Gemeindereform schrumpfte die Zahl der selbständigen Gemeinden von 3.379 (im Jahr 1969) auf 1.110 Gemeinden plus ein gemeindefreies Gebiet (Gutsbezirk Münsingen). Die Gemeindereform setzte bereits 1968 ein und fand mit dem „Allgemeinen Gemeindereformgesetz“ und dem „Besonderen Gemeindereformgesetz“, die zum 1. Januar 1975 in Kraft traten, ihren Abschluss.

Die kommunale Gebietsreform brachte den Gemeinden insbesondere im ländlichen Raum einen Zuwachs an Leistungs- und Verwaltungskraft. Für Kritiker büßte die kommunale Selbstverwaltung an Bürgernähe ein, denn die Einheit von Verwaltungs- und Sozialgemeinde wurde vielerorts aufgelöst. Die Gemeindepolitik wanderte in entferntere Handlungszentren neugebildeter Einheitsgemeinden und Verwaltungsgemeinschaften ab. Die Einführung der Ortschaftsverfassung mit der Möglichkeit zur Bildung von Ortschaftsräten schuf hier Abhilfe gegen den Verlust an Autonomie und kommunaler Demokratie. Umstritten waren aber auch die teilweise neu entstandenen Flächengemeinden aus mehreren verstreut gelegenen und oft recht heterogenen Gemeindeteilen.

Ein Beispiel, bei dem bis heute noch nicht alle Schwierigkeiten überwunden werden konnten, ist der Zusammenschluss der ehemals badischen Stadt Villingen mit der ehemals württembergischen Stadt Schwenningen. Zwischen beiden Städten verläuft zudem die alte Konfessionsgrenze.

Eine neue Verwaltungsreform zu Beginn des 21. Jahrhunderts

Verwaltungsreform Baden-Württemberg

Die große Verwaltungsstrukturreform trat in Baden-Württemberg am 1. Januar 2005 in Kraft. 

Ein dreistufige Aufbau wurde zum prägenden Strukturelement der Landesverwaltung: 

  • An der Spitze stehen die Ministerien der Landesregierung
  • Auf der mittleren Ebene wurden die vier Regierungspräsidien gestärkt: Landesoberbehörden und höhere Sonderbehörden kamen unter ihr Dach. 
  • Die unteren Sonderbehörden wurden in die 35 Landratsämter und neun Stadtkreise integriert.

Die vier Regierungspräsidien, 35 Landratsämter und 9 Bürgermeisterämter der Stadtkreise nehmen fast alle wesentlichen Verwaltungsaufgaben wahr.


Warum gab es die Verwaltungsreform?

Verwaltung ist eine entscheidende Basisfunktion und Basisleistung des Staates. Aus einer effizienten, bürgernahen und möglichst sparsamen Verwaltung zieht der Staat auch einen großen Teil seiner Legitimation. Auch daher gewinnt die Frage der Organisation der Verwaltung ihre besondere Bedeutung. Um Baden- Württemberg für das 21. Jahrhundert fit zu machen und nicht zuletzt unter dem Druck der leeren öffentlichen Kassen, hatte die Landesregierung eine durchgreifende Reform der öffentlichen Verwaltung beschlossen, mit der vor allem die Personalkosten des Landes drastisch reduziert werden sollten.

Dabei wurde der dreistufige Verwaltungsaufbau des Flächenlandes Baden-Württemberg und die Bündelungsfunktion der Regierungspräsidien, der Landratsämter und der Stadtkreise erweitert und gestärkt. Die meisten der bislang bestehenden besonderen Verwaltungsbehörden wurden dazu in die Regierungspräsidien bzw. die Landratsämter und Gemeinden der Stadtkreise eingegliedert. 

Völlig neu an der Reform waren die Auflösung zahlreicher Landesoberbehörden und die Übertragung ihrer Aufgaben an die Regierungspräsidien bzw. Landkreise, die dadurch eine deutliche Stärkung erfahren haben. Als Sparziel hatte Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) eine „Effizienzrendite“ von zwanzig Prozent angekündigt. Von der Reform waren über 450 Behörden – 350 davon wurden abgebaut, zusammengelegt oder eingegliedert – und rund 20.000 Beschäftigte betroffen.

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    Landkarte von Baden-Württemberg

    In unserem Online-Shop gibt es die Baden-Württemberg-Karte zu bestellen. Die Karten zeigen auf der einen Seite eine physische Landkarte und auf der anderen eine Verwaltungskarte. Im großen Format haben die Karten den Maßstab 1:500.000 bzw. 1:400.000; die Verwaltungskarte reicht bis zur Gemeindeebene.

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    Autor: Internetredaktion LpB BW | Letzte Aktualisierung: Juli 2023.

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