Baden-Württemberg in Europa
![Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Gespräch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Foto: Europäisches Parlament | Christian Creutz Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Gespräch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Foto: Europäisches Parlament | Christian Creutz](/fileadmin/europaimunterricht/bilder/Startseite/kretschmann_leyen_800.jpg)
Baden-Württemberg liegt im Herzen Europas und profitiert wie kaum eine andere Region von seinen guten Verbindungen und der zentralen Lage. Durch seine Wirtschaftskraft und seine Bevölkerungszahl (ca. 11 Millionen Menschen) hat das Land in der Europäischen Union (EU) mehr Gewicht als manche EU-Mitgliedstaaten. Da mittlerweile viele wesentlichen politischen Entscheidungen auf Europaebene getroffen werden, ist es für Baden-Württemberg besonders wichtig, in die politischen Prozesse in Brüssel eingebunden zu sein. Wie diese Verflechtungen des Landes auf EU-Ebene aussehen, erfahren Sie auf dieser Seite.
Was steht im Grundgesetz zu Europa und den Bundesländern?
In der Bundesrepublik Deutschland haben die Bundesländer einen besonderen Status und können über den Bundesrat an vielen politischen Entscheidungen mitwirken - auch auf Ebene der Europäischen Union (EU). Die Politik eines Bundeslandes ist durch die doppelte Einbindung, einerseits in die föderale Ordnung der Bundesrepublik, andererseits durch die Einbindung in die Europäische Union, stark geprägt.
So sind Baden-Württemberg und die anderen Länder indirekt, also über die Bundesrepublik als Mitgliedstaat, in die EU eingebunden. Gleichzeitig treten die Länder aber auch als eigenständige Akteure im EU-Entscheidungssystem auf und üben Einfluss aus. Diese doppelte Einbindung setzt der „autonomen“ Politikgestaltung der Länder einerseits Grenzen; sie eröffnet andererseits aber auch Handlungsmöglichkeiten.
Die Bundesländer haben mehrere Möglichkeiten zur Mitsprache auf EU-Ebene: Zum einen können sie auf eigene Initiative Verbindungen zur EU aufnehmen, zum anderen garantiert ihnen Artikel 23 des Grundgesetzes das Recht auf Mitwirkung. Dieser stellt den wichtigsten Pfeiler für die Einbeziehung Baden-Württembergs und anderer Bundesländer in politische Entscheidungen auf EU-Ebene dar. Im Gesetz heißt es:
„(2) In Angelegenheiten der Europäischen Union wirken der Bundestag und durch den Bundesrat die Länder mit. Die Bundesregierung hat den Bundestag und den Bundesrat umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten.“
Dieser Absatz regelt die Mitwirkungsbefugnisse des Bundestages und der Länder in Angelegenheiten, welche die EU betreffen. Es wird festgelegt, dass die Länder über den Bundesrat als Bundesorgan beteiligt werden müssen. Etwas konkreter wird das Grundgesetz in Absatz 4, in dem es heißt:
„(4) Der Bundesrat ist an der Willensbildung des Bundes zu beteiligen, soweit er an einer entsprechenden innerstaatlichen Maßnahme mitzuwirken hätte oder soweit die Länder innerstaatlich zuständig wären.“
Dies ist der Leitsatz für die Mitwirkung der Bundesländer. Betreffen Entscheidungen auf EU-Ebene Bereiche, wie z.B. die Bildungspolitik, die Ländersache sind, ist die Zustimmung der Länder zu einem EU-Rechtsakt notwendig.
In den Absätzen 5 und 6 wird darauf eingegangen, dass sich der Willensbildungsprozess innerhalb der EU nicht mit der deutschen Kompetenzzuordnung gleichsetzen lässt. Aus diesem Grund handelt bei Fragen, welche schwerpunktmäßig die Kompetenzen der Länder berühren, eine vom Bundesrat benannte Vertretung für die Bundesrepublik. Diese Vertretung muss Mitglied einer Landesregierung sein. Näheres regelt das „Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheit der EU“ vom 12. März 1993.
Wie steht in der Landesverfassung zu Europa?
Baden-Württemberg hat sich früh für eine europäische Integration eingesetzt. Das zeigt sich insbesondere in der Präambel der Verfassung des Landes, in der seit 1995 bekundet wird:
„... dieses demokratische Land als lebendiges Glied der Bundesrepublik Deutschland in einem vereinten Europa, dessen Aufbau föderativen Prinzipien und dem Grundsatz der Subsidiarität entspricht, zu gestalten und in der Schaffung eines Europas der Regionen sowie der Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit aktiv mitzuwirken“.
In der Politik des Landes findet dieser programmatische Satz in vielfältiger Weise und bei parteiübergreifendem Konsens konkreten Niederschlag.
Subsidiaritätsprinzip als Leitlinie
Baden-Württemberg hat sich deutlich für eine Vertiefung der europäischen Integration ausgesprochen. Dabei war es dem Land stets wichtig, das Subsidiaritätsprinzip in den vertraglichen Grundlagen der EU zu verankern und auf seine Umsetzung sowie Durchsetzbarkeit zu pochen. Subsidiarität bedeutet, dass Aufgaben nur dann auf die europäische Ebene verlagert werden, wenn sie nicht „vor Ort“ – also in den Kommunen, Ländern oder Mitgliedstaaten – besser wahrgenommen werden können.
Weil ein geeintes Europa ohne die Geschichte seiner Städte und Regionen nicht denkbar wäre, ist die Subsidiarität neben der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung und dem föderalistischen Gedanken ein Kernpunkt einer demokratischen und bürgernahen EU.
Wer vertritt das Land bei der EU?
Die Landesvertretung stellt eine Schnittstelle zwischen Baden-Württemberg und der Europäischen Union dar. Sie repräsentiert das Bundesland in Brüssel und vertritt baden-württembergische Interessen bei der EU, indem sie bereits in frühen Phasen von Entscheidungsprozessen Anliegen einbringen kann. Zudem hält sie enge Rücksprache mit der Landesregierung und informiert über aktuelle Entwicklungen auf europäischer Ebene.
Die Behörde Vertretung des Landes Baden-Württemberg bei der Europäischen Unionist seit 2011 eine Dienststelle des Staatsministeriums, die ihren Sitz im Europaviertel von Brüssel hat. Die Ministerien in Baden-Württemberg können einzelne Referent:innen entsenden, die ihre Interessen vertreten.
Breites Netzwerk
Die Landesvertretung bildet den Knotenpunkt eines Netzwerks aus Mitarbeiter:innen der EU-Institutionen, Regionalvertretungen sowie anderer Akteure in Brüssel. Gleichzeitig ist die Landesvertretung Ansprechpartner für Politik, Wirtschaft, Verbände und Kammern, Forschungseinrichtungen und Hochschulen wie auch für Vereine und politisch interessierte Gruppen aus Baden-Württemberg, die sich aus erster Hand über aktuelle Entwicklungen in Brüssel informieren oder sich auf europäischem Parkett präsentieren wollen. Durch Veranstaltungen und Seminare zu aktuellen Themen mit Landesbezug und Teilnehmenden sowohl aus dem Land als auch aus dem Brüsseler EU-Umfeld wird in Brüssel für die Stärken des Landes und seine berechtigten Interessen im europäischen Kontext geworben und sensibilisiert.
Staatssekretär und Vertreter des Landes bei der EU
![Florian Hassler, politischer Staatssekretär und Vertreter des Landes Baden-Württemberg bei der Europäischen Union. Foto: Staatsministerium BW Florian Hassler, politischer Staatssekretär und Vertreter des Landes Baden-Württemberg bei der Europäischen Union. Foto: Staatsministerium BW](/fileadmin/_processed_/4/f/csm_Florian-Hassler_EU-Vertreter_StaMi_9b9e239704.png)
Politischer Staatssekretär und Vertreter des Landes Baden-Württemberg bei der EU ist seit Mai 2021 Florian Hassler.
Florian Hassler wurde 1977 in Sindelfingen geboren. Nach Abitur und Zivildienst studierte er Politikwissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Öffentliches Recht in Freiburg, Aix-en-Provence und Bamako (Mali). Nach seiner Tätigkeit als Büroleiter eines Abgeordneten am Europäischen Parlament wechselte er 2011 ins Staatsministerium als Büroleiter des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Von 2017 bis 2021 war er als Leiter der Strategieabteilung im Staatsministerium (Bereiche Grundsatz und Planung, Europa, Gesellschafts- und Integrationspolitik).
Welche Abgeordneten aus Baden-Württemberg sitzen im Europäischen Parlament?
![Europäisches Parlament in Straßburg. Foto: pixabay/Endzeiter Europäisches Parlament in Straßburg. Foto: pixabay/Endzeiter](/fileadmin/landeskunde/images/Landespolitik/Europa/Europaeisches-Parlament_pixabay_600.jpg)
Im Europäischen Parlament sitzen seit 2019 insgesamt 12 Abgeordnete aus Baden-Württemberg. Die nächste Europawahl findet 2024 statt. Vier Abgeordnete gehören der CDU an, jeweils drei Abgeordnete den Parteien Bündnis 90/Die Grünen und AfD sowie jeweils ein:e Abgeordnete:r der SPD bzw. der FDP.
Überblick über die baden-württembergischen Abgeordneten im Europäischen Parlament
Was bringt die EU für Baden-Württemberg?
Baden-Württemberg profitiert in vielfältiger Weise von der Europäischen Union. Im Förderzeitraum 2021 bis 2027 stellt die EU unter anderem im Rahmen des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung EFRE 279 Millionen Euro und im Rahmen des Europäischen Sozialfonds 218 Millionen Euro bereit. Beide Fonds sind wichtige Instrumente zur Unterstützung der Innovations- und Klimapolitik sowie der Arbeits- und Sozialpolitik Baden-Württembergs. Die Fördergelder sollen in Projekte zum Klimaschutz, Technologietransfer, der nachhaltigen Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft fließen sowie Zukunftstechnologien voranbringen. Außerdem ist die berufliche Qualifizierung ein Schlüsselfaktor bei der digitalen und ökologischen Transformation und wird entsprechend gefördert. Mit der ESF Plus-Förderung sollen zudem arbeitslose Menschen wieder in der Arbeitswelt Fuß fassen (Quelle: Baden-Württemberg-Portal).
Zur Entwicklung des ländlichen Raums stehen Baden-Württemberg für die Förderperiode 2023 bis 2027 voraussichtlich 706,5 Millionen Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zur Verfügung (Quelle: Deutscher Bundestag). Außerdem sind über zwei Dutzend regionale Produkte vor Nachahmung oder Missbrauch von Namen und Bezeichnungen geschützt, zum Beispiel die Schwarzwaldforelle, die Schwäbischen Maultaschen und der Tettnanger Hopfen.
Im Bereich von Bildung und Forschung bietet das Bildungsprogramm Erasmus+ Studierenden die Chance, in einem anderen europäischen Land zu studieren. Die Hochschulen selbst profitieren durch das weltweit größte transnationale Förderprogramm für Forschungsprojekte „Horizont Europa“. Unter den hier in Deutschland erfolgreichsten Städten sind auch Stuttgart und Heidelberg.
Neben diesen direkten Fördermöglichkeiten der EU profitiert Baden-Württemberg auch massiv von den guten Rahmenbedingungen, die die Europäische Union schafft. Über die Hälfte der baden-württembergischen Ausfuhren gehen in andere EU-Länder. Der Wohlstand in Baden-Württemberg gründet daher auch stark auf den guten Handelsbeziehungen zu den EU-Partnern. Das ist keine Selbstverständlichkeit, sondern auch ein Erfolg der gemeinsamen Politik in der Europäischen Union.
Welche Formen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gibt es?
Baden-Württemberg liegt im Herzen Europas und pflegt seit Jahrzehnten enge Beziehungen zu seinen europäischen Nachbarn. Regionale Netzwerke entlang der rund 500 Kilometer langen Grenze zu Frankreich, der Schweiz und über den Bodensee zu Österreich sind zentraler Bestandteil der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Zudem ist der Ausschuss der Regionen das wichtigste Gremium innerhalb der Europäischen Union, in dem sich die Regionen und Städte Gehör verschaffen können.
Weitere Infos zu Partnerregionen und grenzüberschreitender Zusammenarbeit
Weiterführende Links
Statistisches Landesamt: Baden-Württemberg - Partner Europas
Europa Zentrum Baden-Württemberg e.V.
Europabüros der baden-württembergischen Kommunen
Vertretung des Landes Baden-Württemberg bei der Europäischen Union
Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund
Die EU in Baden-Württemberg
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Zahlen und Fakten zu Baden-Württemberg in Europa
Autor: Internetredaktion LpB BW | letzte Aktualisierung: April 2022