Landesverfassung von Baden-Württemberg

Am 11. November 1953, mehr als vier Jahre nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland, wurde die Verfassung des Landes Baden-Württemberg von der Verfassunggebenden Landesversammlung mit 102 Ja-Stimmen bei fünf Nein-Stimmen und sieben Enthaltungen angenommen. Am 19. November 1953, Punkt 9 Uhr, trat sie in Kraft. Im Jahr 2023 feiert sie ihren 70. Geburtstag.

In 94 Artikeln regelt die Landesverfassung die Grundlagen des staatlichen und politischen Lebens in Baden-Württemberg, unseres Zusammenlebens sowie die Rechte und Pflichten der Bürgerinnen und Bürger im deutschen Südwesten. 

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Die Landesverfassung zum Nachlesen

Als gedruckte Ausgabe

Inhalt:
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in der Fassung vom 19. Dezember 2022
Verfassung des Landes Baden-Württemberg in der Fassung vom 1. September 2022

Herausgeber: LpB BW und Landtag von BW
Stuttgart 2023, 162 Seiten 

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Verfassung des Landes Baden-Württemberg (PDF, barrierefrei)


Die Landesverfassung in Leichter Sprache
In diesem Text erklären wir die Verfassung von Baden-Württemberg. Dieser Text ist nicht die ganze Verfassung von Baden-Württemberg.
Die Landes•verfassung in Leichter Sprache

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Wie hängen die Verfassung von Baden-Württemberg und das Grundgesetz zusammen?

Die Verfassung des Landes Baden-Württemberg war – wenn man von der Verfassung des Saarlandes absieht – bis zum Tage der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 die jüngste unter den Verfassungen der deutschen Länder. Die Verfassungen der Länder sind Ausdruck ihrer eigenen staatlichen Souveränität.

Was ist eine Verfassung?

In einer Verfassung sind die Grundlagen des staatlichen und politischen Lebens sowie die zentralen Rechte und Pflichten der Bürgerinnen und Bürger festgelegt. Mehr Infos dazu bei Hanisauland Lexikon: Verfassung

Warum haben Bundesländer eigene Verfassungen?

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem sogenannten Südweststaatsurteil vom 23. Oktober 1951 festgestellt, die Länder seien als Glieder des Bundes Staaten mit eigener staatlicher Hoheitsmacht. In einer späteren Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, „das Eigentümliche des Bundesstaates [sei es], dass der Gesamtstaat und die Gliedstaaten Staatsqualität besitzen“. Deshalb besitzen sowohl der Gesamtstaat (die Bundesrepublik) als auch die Gliedstaaten (die deutschen Länder) jeweils ihre eigene, von ihnen selbst bestimmte Verfassung.

Was muss in einer Landesverfassung stehen?

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland schreibt in Artikel 28 nur wenige Grundsätze für die Verfassungen der deutschen Länder vor. Alles andere ist der Gestaltungsfreiheit des Verfassunggebers in den Ländern überlassen. So unterscheiden sich die Länderverfassungen zum Teil erheblich in der Wahl der Regierung, deren Abberufung, der Richtlinienkompetenz und in den Funktionen des Staatsoberhauptes.

Anders als das Grundgesetz enthält die Verfassung Baden-Württembergs mit der Möglichkeit zur Parlamentsauflösung durch Volksabstimmung und mit dem Volksbegehren auch unmittelbare politische Mitwirkungsrechte der Bürgerinnen und Bürger.

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Interview mit Dr. Malte Graßhof, Präsident des Verfassungsgerichtshofs BW

Im Interview (Stand 2022) erklärt Prof. Dr. Malte Graßhof, seit April 2018 Präsident des Verwaltungsgerichts Stuttgart und seit Juli 2018 zugleich Präsident des Verfassungsgerichtshofs für das Land Baden-Württemberg, die Grundlagen unserer Verfassung. (Aktualisierung: seit Juni 2023 ist Prof. Dr. Graßhof Präsident des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in Mannheim.)


Sie sind der „Hüter“ der Verfassung. Was genau hüten Sie, was ist der Kerngedanke der Verfassung?

Die Verfassung regelt die Grundfragen eines Staats – und auch das Land Baden-Württemberg ist ein Staat, nämlich ein Gliedstaat der Bundesrepublik Deutschland. Die Verfassung legt fest, dass das Land Baden-Württemberg eine Demokratie ist, die vom Prinzip der Gewaltenteilung beherrscht ist: Der von den Bürgerinnen und Bürgern gewählte Landtag erlässt Gesetze, die von der Verwaltung, an deren Spitze der Ministerpräsident steht, angewendet werden. Die Gerichte kontrollieren die richtige Anwendung der Gesetze durch die Verwaltung.

Alle drei Gewalten sind an Grundrechte gebunden, die sich ebenfalls in der Verfassung finden. Grundrechte begrenzen die Macht des Staates; sie sichern Freiheit und Gleichheit der Bürgerinnen und Bürger. Der Verfassungsgerichtshof wacht über die Einhaltung dieser verfassungsrechtlichen Vorschriften, insbesondere die Beachtung der Grundrechte durch die Staatsgewalt.


Haben Sie einen „Lieblingsartikel“?

In allen Schulen waltet der Geist der Duldsamkeit und der sozialen Ethik.

Art. 17 Abs. 1 LV zum Artikel


Die Verbindung von Schule und „Duldsamkeit“ ist erst einmal überraschend und „Duldsamkeit“ ist dazu noch ein etwas altertümliches, rätselhaftes, aber auch schönes Wort. Der Satz bringt einen zum Nachdenken: Was ist „Duldsamkeit“? Warum „Duldsamkeit“ in der Schule? Duldsamkeit hat vielleicht etwas mit Geduld zu tun, mit Nachsicht, Wohlwollen, Fürsorge – alles sehr positive Qualitäten, die nicht nur unsere Schulen, sondern auch unsere Gesellschaft insgesamt prägen sollten. Duldsamkeit bedeutet aber nicht, alles zu dulden!


Ist unsere Verfassung in irgendeiner Art und Weise besonders?

Im Vergleich zu vielen anderen Landesverfassungen der alten Bundesländer ist unsere Verfassung spät entstanden (weiter zur Entstehungsgeschichte). Insbesondere ist die Landesverfassung im Unterschied zu einigen anderen Landesverfassungen erst nach dem Grundgesetz aus dem Jahr 1949 in Kraft getreten. Deshalb verzichtet unsere Landesverfassung etwa auf die Ausformulierung eines eigenständigen Grundrechtskatalogs.

Im Unterschied zum Grundgesetz wurden von Anfang an wichtige direktdemokratische Elemente aufgenommen. So sieht die Verfassung Volksbegehren und Volksabstimmungen vor. 


Warum sind im Grundgesetz nicht die Verfassungen der Bundesländer zusammengefasst? 

Die Bundesrepublik Deutschland ist wie ein Mehrfamilienhaus: Die Bundesländer bewohnen eigene Wohnungen, die sie sich eigenständig einrichten können. Grundsätzliche Fragen, die alle Wohnungen betreffen, regelt das gesamte Haus, also die Bundesrepublik (die Entscheidung, ob das Haus an eine Gas- oder eine Fernwärmeleitung angeschlossen wird, ist zum Beispiel vergleichbar mit der Entscheidung für oder gegen Atomkraft, für die der Bund zuständig ist).

In jeder Wohnung gibt es eine Wohnungsordnung, die Landesverfassungen, und für das gesamte Haus gibt es eine Hausordnung, das Grundgesetz. Wohnungsordnung und Hausordnung stehen – im Rahmen der jeweiligen Aufgaben – selbstständig nebeneinander; sie dürfen sich nur nicht widersprechen, denn dann geht das Grundgesetz vor. 


Die Verfassung musste immer wieder angepasst werden. Welche Änderung war die Relevanteste?

Aus Sicht des Verfassungsgerichtshofs natürlich die Änderung vom 5. Dezember 2015, mit der der Verfassungsgerichtshof seinen heutigen Namen erhalten hat – früher hieß er „Staatsgerichtshof“. Mit der Änderung wurde auf die Einführung der Landesverfassungsbeschwerde im Jahr 2013 reagiert, die jeder Bürgerin und jedem Bürger die Möglichkeit gibt, eine Verletzung von Landesgrundrechten vor dem Verfassungsgerichtshof zu rügen. Die Entscheidung von Landesverfassungsbeschwerden stellt seitdem den Schwerpunkt der Arbeit des Verfassungsgerichtshofs dar. 


Welche Änderung der Verfassung wäre Ihrer Meinung nach aktuell notwendig?

Als Verfassungsrichter bin ich mit der Anwendung der bestehenden Verfassung vollauf beschäftigt – für eventuelle Änderungen ist die Politik zuständig.


Welcher Fall des Verfassungsgerichtshofs war besonders spannend?

Wenn ich an spannende Entscheidungen aus der Amtszeit meines Vorgängers Eberhard Stilz zurückdenke, fällt mir als erstes die Entscheidung aus dem Jahr 2011 zum Erwerb von EnBW-Aktien durch das Land ein. Darin hatte der Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass die Landesregierung beim Kauf der Aktien das Haushaltsrecht des Landtags verletzt hatte. Die verfassungsrechtliche Frage war wichtig: In welchem Verhältnis stehen die Kompetenzen von Landtag und Landesregierung zueinander? Zugrunde lag ein politisch hochstreitiger Vorgang und es ging um sehr viel Geld, knapp fünf Milliarden Euro. 


Fast 70 Jahre Landesverfassung – was möchten Sie den Bürgerinnen und Bürgern und unseren Vertretern im Landtag mitgeben?

Wir können viele Jahrzehnte gelebter Verfassungskultur feiern. Denn Verfassungstexte können oft unterschiedlich verstanden werden, sie können auch missverstanden oder sogar missbraucht werden. Ein Verfassungstext ist daher immer nur so gut wie die Verfassungspraxis. Die Verfassung muss nicht nur dem Buchstaben nach befolgt, sondern im Sinne ihrer Grundwerte angewendet werden.

Eine solche Verfassungskultur besteht in Baden-Württemberg; das verdanken wir den Politikerinnen und Politikern, die auf Basis dieser Verfassung regiert haben, den Beamtinnen und Beamten, die in ihrer täglichen Arbeit die Verfassung praktizieren, den Richterinnen und Richtern, die die Verfassung achten und schützen - aber in erster Linie den Bürgerinnen und Bürgern des Landes der letzten fast 70 Jahre, die als Träger der Staatsgewalt (Art. 25 Abs. 1 Satz 1 der Landesverfassung) diese Staatsgewalt im Sinne der Verfassung ausgeübt haben.

Wenn wir uns diese Verfassungskultur bewahren, werden wir noch viele weitere Geburtstage des Verfassungstextes feiern!

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Die Verfassungen der Vorgängerländer Baden-Württembergs

Vorbilder und Impulsgeber

Zwischen 1945 und 1952 bestanden auf dem Gebiet des heutigen Baden-Württemberg drei Länder: Württemberg-Baden mit der Hauptstadt Stuttgart, Württemberg-Hohenzollern mit der Hauptstadt Tübingen und (Süd-)Baden mit der Hauptstadt Freiburg.

Nach Diktatur und Krieg gaben sich 1946/47 alle drei Länder demokratische Verfassungen. Die Verfassunggeber waren dabei geleitet von ihrem Willen, die nationalsozialistische Willkürherrschaft aufzuarbeiten, zukünftig eine Diktatur zu verhindern und eine freiheits- und würdewahrende Gesellschaftsordnung zu garantieren. Sie verankerten in den Landesverfassungen die Menschen- und Grundrechte und hatten damit Vorbildfunktion für das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949. In allen drei südwestdeutschen Verfassungen der Jahre 1946/47 wurden auch soziale Grundrechte sowie Leitlinien für eine Sozial- und Wirtschaftsordnung formuliert, worauf die Mütter und Väter des Grundgesetzes später verzichteten.

Die Verfassung für Württemberg-Baden vom 28. November 1946

Am 15. Juli 1946 trat in Stuttgart die Verfassunggebende Landesversammlung von Württemberg-Baden zusammen. Die 100 Abgeordneten (darunter sieben Frauen) tagten im Furtbachhaus in der Furtbachstraße, weil es nach dem Krieg in Stuttgart kaum intakte Säle gab. Der am 24. November 1946 gewählte erste Landtag von Württemberg-Baden hielt dort bis Juli 1947 ebenfalls seine Sitzungen ab.

Die Verfassung für Württemberg-Hohenzollern vom 20. Mai 1947

Am 22. November 1946 trat die Beratende Landesversammlung für Württemberg-Hohenzollern zusammen. Die 68 Abgeordneten (darunter zwei Frauen) tagten unweit der Landeshauptstadt Tübingen in der kargen Idylle des ehemaligen Klosters Bebenhausen. Als Sitzungssaal wurde das Winterrefektorium genutzt, der einzige beheizbare Raum der Anlage. Bis Mai 1952 tagte hier auch der am 18. Mai 1947 gewählte Landtag von Württemberg-Hohenzollern.

Verfassung des Landes Baden vom 19. Mai 1947

Am 22. November 1946 trat die Beratende Versammlung des Landes Baden zusammen. Die 61 Abgeordneten (darunter drei Frauen) tagten im Kaisersaal des Historischen Kaufhauses in Freiburg. Auch der am 18. Mai 1947 gewählte Landtag von Baden hielt hier bis Mai 1952 seine Sitzungen ab.

Ausstellung: Wiederaufbau der Demokratie im Südwesten

Landesverfassungen seit 1946

Wie ist die Verfassung entstanden?

Am 9. März 1952, noch vor der Bildung des Landes Baden-Württemberg, wählten die Wählerinnen und Wähler des Landes die Verfassunggebende Landesversammlung, die sich im Haus des Landtags von Württemberg-Baden in der Stuttgarter Heusteigstraße konstituierte.

Zwei Entwürfe für die Verfassung

Die Verfassungsberatungen hatten sich nach der Konstituierung der Verfassunggebenden Landesversammlung im März 1952 zunächst äußerst schwierig gestaltet. Dem Verfassungsausschuss lagen zwei Beratungsentwürfe vor: der eine von der Regierungskoalition aus SPD, FDP/DVP und der Vertriebenenpartei BHE (Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten), der andere von der CDU-Opposition.

Die beiden Entwürfe unterschieden sich zum Teil sehr stark voneinander. So wollten die Regierungsparteien unter anderem eine parlamentarische Demokratie nach Bonner Vorbild, jedoch mit einer abgeschwächten Richtlinienkompetenz des Ministerpräsidenten.

Die CDU dagegen hatte vorgeschlagen, einen Senat als Zweite Kammer einzurichten und den Staatspräsidenten vom Volk wählen zu lassen. Strittig waren auch Fragen, die die Bereiche Religion, Erziehung und Unterricht betrafen. In 45 nichtöffentlichen Sitzungen wurden die beiden Entwürfe beraten.

Verfassungsurkunde

Das Original der Verfassung des Landes Baden-Württemberg wird im Hauptstaatsarchiv Stuttgart verwahrt. Neben der schlichten Ausfertigung vom 11./16. November 1953 stellte man für die Landesausstellung 1955 – auf Wunsch des Archivs – eine aufwändige, in Pergament gebundene und mit Prägesiegel versehene Verfassungsurkunde her, die vom Präsidenten der Verfassunggebenden Versammlung und den Mitgliedern der vorläufigen Regierung nachträglich unterzeichnet wurde.

Keine zwei Kammern für Baden-Württemberg

Erst mit dem Rücktritt der Regierung Reinhold Maier (FDP/DVP) im Herbst 1953 und der Bildung einer Großen Koalition aus CDU, SPD, FDP/DVP und der Vertriebenenpartei BHE unter Ministerpräsident Gebhard Müller (CDU) konnten sich die Parteien einigen. Die CDU hatte sich mit ihrem Vorschlag zur Staatsorganisation nicht durchsetzen können.

„Baden-Württemberg“ wächst zusammen

Mit dem Zustandekommen der Landesverfassung wurde zugleich einer der wichtigsten Integrationsfaktoren für das Zusammenwachsen der drei südwestdeutschen Vorgängerländer geschaffen. In Artikel 23 der Landesverfassung wird der Staatsname „Baden-Württemberg" endgültig verfassungsrechtlich festgelegt. 

Inhaltlich baut die Landesverfassung in einigen Teilen auf den 1946/47 geschaffenen Verfassungen der Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern sowie auf dem Grundgesetz auf.


Landesrecht BW: Die Verfassung des Landes Baden-Württemberg

LpB Baden-Württemberg: Die Entstehung des Landes Baden-Württemberg

Hintergründe zur Entstehungsgeschichte der Landesverfassung

Den Vorsitz des Verfassungsausschusses hatte zunächst Gebhard Müller (CDU) inne, in seiner Nachfolge dann Franz Gog (CDU).

Die Koalitionspartner hatten sich schon vor der Regierungsbildung über die besonders strittigen Fragen verständigt. In der Schulfrage hatte man einen Kompromiss gefunden: In den ehemaligen Ländern Württemberg-Baden und (Süd-) Baden blieb die christliche Gemeinschaftsschule als alleinige Schulform bestehen, während in Südwürttemberg- Hohenzollern das Nebeneinander von Bekenntnisschule und christlicher Gemeinschaftsschule aufrechterhalten blieb.

Der Namensstreit um unser Bundesland

In zwei Abstimmungen hatte die Verfassunggebende Landesversammlung über den künftigen Landesnamen entschieden. Die Debatte im sogenannten „Namensstreit" konzentrierte sich dabei auf die Namen „Baden-Württemberg" und „Schwaben", obwohl der Verfassungsausschuss zuvor mehrheitlich für den auf den Geographen Friedrich Metz zurückgehenden Begriff „Rheinschwaben" votiert hatte. In der namentlichen Abstimmung in Dritter Lesung über die neue Verfassung wurde schließlich der Name „Baden-Württemberg" beschlossen.

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Die Landesverfassung im Überblick

Erläuterung der Grafik: Die Landesverfassung im Überblick

Träger der Staatsgewalt sind die Bürgerinnen und Bürger des Landes Baden-Württemberg. Wahlberechtigt sind alle Bürgerinnen und Bürger, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Sie wählen mit ihren Stimmen die Abgeordneten des Landtags.

Der Landtag als gesetzgebende Gewalt hat folgende Aufgaben: Gesetzgebung, Bestellung der Regierung, Kontrolle der Regierung, Haushaltsfeststellung.

Die Landesregierung als vollziehende Gewalt besteht aus dem Ministerpräsidenten und den Ministerinnen und Ministern. Sie bilden zusammen das Kabinett. Der Ministerpräsident wird direkt vom Landtag gewählt und kann durch ein konstruktives Misstrauensvotum seines Amtes enthoben werden. Die Ministerinnen und Minister werden durch den Landtag bestätigt und können mit einer Zweidrittelmehrheit im Landtag des Amtes enthoben werden.

Möglichkeiten der direkten Demokratie sind:

  1. Wenn ein Sechstel der Wahlberechtigten es verlangt, kann durch eine Volksabstimmung der Landtag aufgelöst werden.
  2. Wenn ein Sechstel der Wahlberechtigten es verlangt, kann durch eine Volksabstimmung eine Gesetzesinitiative in den Landtag eingebracht werden.

Wie ist die Verfassung aufgebaut?

Die Landesverfassung besteht aus einem Vorspruch (Präambel) und zwei Hauptteilen, die wiederum in elf Abschnitte gegliedert sind.

Vorspruch (Präambel)

Erster Hauptteil: Vom Menschen und seinen Ordnungen

  • I. Mensch und Staat (Art. 1–3c)
  • II. Religion und Religionsgemeinschaften (Art. 4–10)
  • III. Erziehung und Unterricht (Art. 11–22)

Die Landesverfassung enthält – anders als das Grundgesetz – keinen eigenen Grundrechtekatalog. Stattdessen erklärt sie in Art. 2 Abs. 1 die im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland festgelegten Grundrechte und staatsbürgerlichen Rechte als ihren Bestandteil. Einzelne Grundrechte werden jedoch auch in der Landesverfassung verbrieft: das „unveräußerliche Menschenrecht auf die Heimat“ (Art. 2 Abs. 2), das Recht eines jeden jungen Menschen „ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage [...] auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung“ (Art. 11 Abs. 1) sowie das Recht auf unentgeltlichen Unterricht und die unentgeltliche Bereitstellung der Lernmittel (sog. Lernmittelfreiheit) an öffentlichen Schulen (Art. 14 Abs. 2).

Zweiter Hauptteil: Vom Staat und seinen Ordnungen

  • I. Grundlagen des Staates (Art. 23–26)
  • II. Der Landtag (Art. 27–44)
  • III. Die Regierung (Art. 45–57)
  • IV. Die Gesetzgebung (Art. 58–64) 
  • V. Die Rechtspflege (Art. 65–68)
  • VI. Die Verwaltung (Art. 69–78)
  • VII. Das Finanzwesen (Art. 79–84)

So wie das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Art. 79 Abs. 3 GG) enthält auch die Landesverfassung eine Ewigkeitsgarantie (Art. 64). Darin sind die Grundsätze des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaats festgeschrieben. Dies entspricht dem sog. Homogenitätsgebot des Grundgesetzes (Art. 28 Abs. 1 GG). Damit wird gewährleistet, dass Verfassungs- und Wahlrechtsgrundsätze des Bundes auch für die verfassungsmäßige Ordnung der Gliedstaaten gelten.

In diesem Hauptteil wird der Aufbau der politischen Institutionen festgelegt. Dieser Aufbau entspricht einem parlamentarischen Regierungssystem mit einer Gewaltenteilung zwischen Landtag (Legislative), Regierung (Exekutive) und Verfassungsgerichtshof (Judikative). Als unabhängiges Staatsorgan ist der Landesrechnungshof zur Prüfung der öffentlichen Finanzen berufen. Mit Volksbegehren und Volksabstimmung sowohl bei der Gesetzgebung als auch mit dem Ziel, den Landtag aufzulösen, sind hier auch Elemente der direkten Demokratie vorgesehen.

Schlussbestimmung (Art. 85–94)

Hier sind im Wesentlichen Regelungen getroffen, die für die damalige Zeit, als die verfassung neu in Kraft trat, von Bedeutung waren, z. B. eine Bestandsgarantie der damals bestehenden Universitäten und Hochschulen. Die meisten Artikel in der Schlussbestimmung haben heute keine große Bedeutung mehr.

Wie funktioniert der Gesetzgebungsprozess in Baden-Württemberg?

Erläuterung der Grafik: Der Gesetzgebungsprozess

Der Landtag von Baden-Württemberg und die Landesregierung können eine Gesetzesinitiative im Landtag in Form einer Vorlage eines Gesetzesentwurfs einbringen. Eine Gesetzesinitiative ist außerdem über ein Volksbegehren möglich. Dafür gelten jedoch Sonderregelungen.

In einer Ersten Beratung im Landtag (auch Erste Lesung genannt) erörtern die Abgeordneten die Grundsätze des Gesetzesentwurfs.

Auf Beschluss der Mehrheit wird der Gesetzesentwurf in die zuständigen Ausschüsse überwiesen und dort weiter diskutiert und ausgearbeitet.

In einer Zweiten Beratung im Plenum des Landtags wird über Einzelbestimmungen und Änderungsanträge beraten.

Bei Gesetzesentwürfen zu Verfassungsänderungen, Haushaltsvorlagen sowie auf Beschluss ist eine Dritte Beratung durchzuführen.

Am Schluss der letzten Beratung findet die Abstimmung über die Vorlage im Ganzen statt.

Es erfolgt die Ausfertigung durch den Ministerpräsidenten und die Verkündung im Gesetzesblatt.

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Welche Verfassungsänderungen gab es bereits?

Verfassungen sind auf Dauer angelegt, aber sie müssen auch für Veränderungen offen sein. Für eine Änderung der Landesverfassung gibt es hohe Hürden. Das Recht dazu hat der Landtag mit einer Zweidrittelmehrheit seiner Mitglieder. Unter bestimmten Bedingungen kann eine Verfassungsänderung auch durch eine Volksabstimmung erfolgen.

Verfassungsänderungen spiegeln den gesellschaftlichen und politischen Wandel wider. Seit 1953 wurde die Landesverfassung 25 Mal geändert (Stand: Juli 2023). 

Beispiele dafür sind:

  • die Absenkung der Altersgrenze für das aktive Wahlalter bei Landtagswahlen von 21 auf 18 Jahre (1974) und auf 16 Jahre (2022);
  • die Verankerung der „Schuldenbremse“ (2020);
  • die Stärkung der Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger durch Volksanträge, Volksbegehren und Volksabstimmungen (1971, 1974 und 2015);
  • die Aufnahme neuer Staatsziele: Förderung des kulturellen Lebens und des Sports, Schutz und Pflege der Landschaft sowie der Denkmale der Kunst, Geschichte und Natur (2000), Stärkung des Kinder- und Jugendschutzes, Förderung des Ehrenamtes und Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse im ganzen Land (2015);
  • die Erweiterung der Informations- und Beteiligungsrechte des Landtags zu Vorhaben der EU (2011);
  • der Schutz der Tiere als „Lebewesen und Mitgeschöpfe“ (2000);
  • das ausdrückliche Verbot der Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen (1995);
  • der Schutz der „natürlichen Lebensgrundlagen“ in „Verantwortung für die künftigen Generationen“ (1995);
  • das Wahlrecht für EU-Bürgerinnen und -Bürger auf kommunaler Ebene (1995)
  • die Verlängerung der Legislaturperiode des Landtags von vier auf fünf Jahre (1995).

weitere Verfassungsänderungen

Hintergrundinfos

Landesverfassungsbeschwerde seit 2013

Baden-Württemberg hat 2013 das Instrument der Landesverfassungsbeschwerde eingeführt. Somit kann jede Bürgerin und jeder Bürger Landesgesetze, Verordnungen und Gerichtsentscheidungen daraufhin überprüfen lassen, ob sie gegen die Landesverfassung verstoßen. Voraussetzung ist, dass der Beschwerdeführer selbst von einer möglichen Rechtsverletzung betroffen und der Rechtsweg ausgeschöpft ist. Die Beschwerden müssen zudem ausreichend begründet sein.

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Linksammlung

Weiterführende Informationen

Landesrecht BW
Landesverfassung von Baden-Württemberg

Landeskunde Baden-Württemberg
www.landeskunde-baden-wuerttemberg.de

Geschichte von Baden-Württemberg
genealogy.net: Geschichte Baden-Württembergs – Kurzfassung

Baden-Württemberg.de
Die Landesverfassung

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Autor: Internetredaktion LpB BW | Letzte Aktualisierung: Juli 2023

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