Föderalismusreform

Das föderale System in Deutschland hat sich über die Jahre hinweg bewährt. Doch hat sich der Föderalismus auch stark verändert, denn Akteurinnen und Akteure wie die Europäische Union sind immer wichtiger geworden und auch in finanzieller Hinicht wurde etwa der Bund-Länder-Finanzausgleich von vielen kritisiert. Deshalb sollten die Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern neu organisiert werden.

Der erste Teil der Föderalismusreform wurde 2006 beschlossen und stellt bislang die umfangreichste Änderung im Grundgesetz dar. Ziel dieser Reform war es, die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern zu entflechten. Die Neuordnung der staatlichen Finanzbeziehungen wurde mit der Föderalismusreform II im Jahr 2009 beschlossen, die als ein wichtiges Ziel etwa die Einführung von neuen Schuldengrenzen vorsah. Zuletzt gab es 2016 eine Reform der Finanzbeziehungen, da der Solidarpakt II und der Bund-Länder-Finanzausgleich 2019 ausgelaufen sind und es einer Neuregelung bedurfte. Seit 2020 gibt es den sogenannten Finanzkraftausgleich.

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Föderalismusreform I

von 2006

Bundesrat und Bundestag haben 2006 die Föderalismusreform verabschiedet – mit notwendiger Zweidrittelmehrheit. Damit wurde die umfangreichste Änderung des Grundgesetzes in der Geschichte der Bundesrepublik beschlossen. Ziel der Föderalismusreform war es, die Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern neu zu regeln. Das Gesetzgebungsverfahren sollte beschleunigt und transparenter werden, indem es weniger Gesetze geben sollte, die vom Bundesrat verabschiedet werden müssen.

Ungeachtet dieser Vorgabe einigte man sich bei Gesetzen, die erhebliche Kosten in den Ländern verursachen, auf eine weiterhin bestehende Zustimmungspflichtigkeit durch den Bundesrat. Im Gegenzug für den Verzicht der Länder auf Mitwirkung im nationalen Gesetzgebungsverfahren erhielten sie zukünftig die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz u. a. für das Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrecht der Landes- und Kommunalbeamten, für das Strafvollzugsrecht, für das Ladenschluss- und Gaststättenrecht.

Im Bereich des Bildungs- und Umweltrechts bekamen die Länder ein sogenanntes „Abweichungsrecht“, durch das sie von Bundesregelungen abweichende, eigene Gesetze beschließen können. Generell wurde die Bildungspolitik weitgehend zur ausschließlichen Ländersache. Zudem wurde eine gemeinsame Verpflichtung von Bund und Ländern zur Haushaltsdisziplin festgelegt.

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Föderalismusreform II

von 2009

Die Neuregelung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern wurde 2006 verschoben. Doch im Dezember 2006 hatten Bundestag und Bundesrat beschlossen, eine gemeinsame Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen (kurz: Föderalismusreform II) einzusetzen. Den Vorsitz dieser Kommission führte als Vertreter des Bundesrates der baden-württembergische Ministerpräsident Günther H. Oettinger.

Die Föderalismusreform II hatte zum Ziel, die Bund-Länder-Finanzbeziehungen an die veränderten Rahmenbedingungen innerhalb und außerhalb Deutschlands anzupassen. Zudem sollten die Gebietsköperschaften wieder stärker eigenverantwortlich arbeiten können und eine aufgabengerechte Finanzausstattung erhalten.

Die Empfehlungen der „Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung“ wurden 2009 vom Deutschen Bundestag und Bundesrat mit der für eine Änderung des Grundgesetzes benötigten Zweidrittelmehrheit verabschiedet.

 

Einführung von Schuldengrenzen

Die zentralen Beschlüsse betrafen die Problematik der Neuverschuldung des Bundes bzw. der Länder. Zur Eindämmung der Neuverschuldung wurden Schuldengrenzen eingeführt. Bund und Länder dürfen Haushaltsdefizite prinzipiell nicht mehr mit Krediten ausgleichen.

Lediglich bei einem konjunkturellen Abschwung der Wirtschaft dürfen Kredite aufgenommen werden. Diese müssen während eines Wirtschaftsaufschwungs wieder zurückgeführt werden. In außergewöhnlichen Fällen wie Naturkatastrophen und Notsituationen ist eine Aufnahme von Krediten ebenfalls möglich, wenn sie anschließend getilgt werden. Dies war bei der Corona-Pandemie im Jahr 2020 der Fall.

Während der Bund bis zu 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus Krediten einnehmen darf, ist den Ländern seit 2020 eine Aufnahme von Krediten untersagt. Die fünf finanzschwächsten Länder wurden bis 2019 durch die sogenannte „Konsolidierungshilfe“ beim Ausgleichen ihrer Länderhaushalte durch den Bund anteilig unterstützt. Hierbei mussten die geförderten Länder einem auferlegten Konsolidierungsplan folgen. Die Einhaltung des Planes wird jährlich geprüft, bei Nichteinhaltung wird die Konsolidierungshilfe gestrichen.

Zukünftige Haushaltsnotlagen wollte man durch die Installierung eines „kooperativen Frühwarnsystems“ vermeiden. Hierzu wurde ein Stabilitätsrat geschaffen, der sich aus den Finanzministerinnen und Finanzministern von Bund und Ländern sowie dem Bundeswirtschaftsminister zusammensetzt. Die Institution soll die Haushaltsführung von Bund und Ländern sowie die Konsolidierungsfortschritte der fünf finanzschwachen Länder kontrollieren.

 

Regelungen zur Steuerverwaltung

Im Aufgabenfeld der Steuerverwaltung konnte man sich nicht auf eine zentralisiert organisierte Steuerverwaltung durch das Bundesministerium für Finanzen (BMF) einigen. Allerdings wurden Verbesserungen im Vollzug erreicht. So kann nun beispielsweise das BMF mit den obersten Finanzbehörden der Länder Vollzugsziele vereinbaren und besser auf die Steuerdaten der Länder zurückgreifen.

 

Zusammenarbeit von Bund und Ländern im IT-Bereich

Zusätzlich zu den Reformen im Bereich des Finanzföderalismus wurden Verbesserungen in der informationstechnischen Verwaltungszusammenarbeit erreicht. Bund und Länder sollen bei der Planung und Durchführung von informationstechnischen Projekten enger zusammenarbeiten und z. B. sicherheitstechnische Standards gemeinschaftlich verabschieden. Der Bund erhält zudem die Befugnis für die Errichtung und den Betrieb eines Bund-Länder-Verbindungsnetzes.

 

Kritik an der Förderalismusreform II

Die Föderalismusreform II wurde scharf kritisiert. So kritisierte selbst der damalige Fraktionsvorsitzende der SPD Peter Struck die Beschlüsse, an denen er als Vorsitzender der verantwortlichen Kommission selbst mitgearbeitet hatte. Er bemängelte die vielen kleinteiligen Regelungen und wies darauf hin, dass eine dritte Stufe der Reform folgen müsse, die sich der Frage der Neugliederung der Bundesländer annimmt. Eine solche Neugliederung der Bundesländer, die vor allem darauf abzielt, einzelne Bundesländer zu größeren Bundesländer zusammenzulegen, wird seither immer wieder öffentlich diskutiert, jedoch bisher nicht von offizieller Seite in Angriff genommen.

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Finanzkraftausgleich

Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab 2020

Deutschland ist ein föderaler Staat. Doch im gesamten Bundesgebiet sollen gleichwertige Lebensverhältnisse herrschen. Um dies zu erreichen, gab es bis 2019 den Länderfinanzausgleich und den Solidarpakt II. 2016 kam es zu einer Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, da der Länderfinanzausgleich 2019 auslaufen sollte. Daher gibt es seit 2020 den Finanzkraftausgleich. Einen finanziellen Ausgleich zwischen den Ländern in der Form wie bisher gibt es seither nicht mehr. Denn der Bund stellt für die Umverteilung zwischen armen und reichen Ländern seit 2020 mehr Geld bereit. Dafür liegen auch mehr Kompetenzen in seiner Hand. Außerdem wird die unterschiedliche Finanzkraft der Länder durch Umverteilung angeglichen: Finanzschwache Länder haben Anspruch auf Zuschläge bei der Umsatzsteuerverteilung, während finanzstarke Länder Abschläge hinnehmen müssen. Baden-Württemberg gehört aktuell zu den sogenannten „Geberländern“.

Weitere Infos

zum Finanzkraftausgleich zwischen den Ländern

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Autor: Internetredaktion LpB BW | Letzte Aktualisierung: Februar 2022.

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